54. Jahrgang Nr. 3 / März 2024
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Ausgabe Nr. 4 Monat April 2004
Die Passion Christi von Mel Gibson (Filmbesprechung)


Ausgabe Nr. 4 Monat April 2004
Buchhinweise- Der römische Katechismus (Catechismus romanus)


Ausgabe Nr. 5 Monat Juni 2004
Werner Olles: Leben und Werk des heiligen Don Bosco


Ausgabe Nr. 6 Monat Juli 2004
Werner Olles: Islam heißt Gottvertrauen


Ausgabe Nr. 6 Monat Juli 2004
Werner Olles: Warum ich römisch-katholisch bin - Brief an einen muslimischen Freund


Ausgabe Nr. 3 Monat April 2005
Die Krise der Kirche ist hausgemacht


Ausgabe Nr. 3 Monat April 2005
Neues aus der Konzilskirche


Ausgabe Nr. 4 Monat Juni 2005
Neues aus der Konzilskirche


Ausgabe Nr. 9 Monat November 2004
Wider den Relativismus


Ausgabe Nr. 6 Monat Oktober 2005
Vom Elend der Postmoderne


Ausgabe Nr. 7 Monat Dezember 2005
Zur Theologie und Philosophie Joseph Ratzingers


Ausgabe Nr. 7 Monat Dezember 2005
Der Rosenkranz ist unser Maschinengewehr!


Ausgabe Nr. 11 Monat december 2005
A commentary on the present situation of the Church


Ausgabe Nr. 1 Monat Februar 2006
Pro Familia agiert an hessischen Schulen


Ausgabe Nr. 1 Monat Februar 2003
Häresie der Formlosigkeit. Die römische Liturgie und ihr Feind


Ausgabe Nr. 2 Monat März 2003
Wer in der modernen Welt


Ausgabe Nr. 3 Monat April 2003
Vom Kampf der Kulturen zum Krieg der Ideen


Ausgabe Nr. 5 Monat Juni 2003
Von der Weigerung, erwachsen zu werden


Ausgabe Nr. 6 Monat Juli 2003
Zur derzeitigen Situation der Kirche


Ausgabe Nr. 6 Monat Juli 2003
Zum 50. Todestag von Hilaire Belloc


Ausgabe Nr. 7 Monat September 2003
Die Junge Freiheit, Besprechung


Ausgabe Nr. 8 Monat October 2003
Sobre la situación actual de la Iglesia (esp.)


Ausgabe Nr. 8 Monat October 2003
A propos de la situation actuelle de l’Eglise (fr.)


Ausgabe Nr. 8 Monat October 2003
A commentary on the present situation of the Church (engl.)


Ausgabe Nr. 9 Monat November 2003
Kino - Filmbesprechungen: a) Passion und b) Luther


Ausgabe Nr. 10 Monat Dezember 2003
Bücherbesprechung: Udo Ulfkotte/Hans-Peter Raddatz


Ausgabe Nr. 11 Monat December 2003
Dalla „Lotta delle civiltà“ alla „Lotta delle idee“


Ausgabe Nr. 3 Monat Mai 2002
Eine gesellschaftliche Katastrophe


Ausgabe Nr. 5 Monat September 2002
Die göttliche Wahrheit erkennen


Ausgabe Nr. 6 Monat November 2002
Satanistische Tendenzen in der Rock-Musik


Ausgabe Nr. 6 Monat November 2002
Das Wesen aller Kultur ist Religion


Ausgabe Nr. 7 Monat Dezember 2002
Satanische Tendenzen in der Rock Musik


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Sozialpartnerschaft statt Klassenkampf


Ausgabe Nr. 6 Monat Dezember 2001
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Die magische Welt des Harry Potter 1)


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Jesus Christus - der deutschen Medien interessantester Fall


Ausgabe Nr. 3 Monat April 2006
Leserbriefe zu dem Artikel


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Der Teufel im Kino


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Auf der Suche nach der verlorenen Einheit


Ausgabe Nr. 4 Monat August 2023
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Ausgabe Nr. 5 Monat Oktober 2023
En busca de la unidad perdida


Ausgabe Nr. 5 Monat Oktober 2023
À la recherche de ´unité perdue


Ausgabe Nr. 5 Monat Oktober 2023
Auf der Suche nach der verlorenen Einheit


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Überlegungen zur Metaphysik des Krieges


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Remigration? Ein schöner Traum!


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Buchbesprechung


Vom Elend der Postmoderne
 
Vom Elend der Postmoderne

von
Werner Olles
 
Seit der Postmodernismus in Gestalt islamistischer Terroristen der Lebenswelt der selbstästhetisierenden Sozialcharaktere endlich ihre lang ersehnte Wagniskultur beschert hat, versuchen miesepetrige Ewiggestrige diesen einmaligen Event wieder kaputtzumachen. Doch Lemuren gleich rottet man sich links und rechts zusammen, um zu entwarnen und zu entdramatisieren. Und wieder einmal erklingt das Hohe Lied des Positivismus, der schon so lange an der Entwirklichung der Wirklichkeit arbeitet, daß seine verlogene Öffentlichkeitsrhetorik gar nicht mehr richtig wahrgenommen wird. Keine Angst, keine Angst, Rosmarie, alles halb so schlimm, keine Panik auf der Titanic, alles im Griff auf dem sinkenden Schiff, schallt es den altersstarrsinnigen Überresten eines verbiesterten Konservativismus entgegen, die es wagen, den gesellschaftlichen Zerfall der smartie-bunten Spaßgesellschaft, auch nur ansatzweise zu thematisieren. Daß die nichts anderes darstellt, als ein schwach und substanzlos gewordener Kasinokapitalismus, der bloß nicht mit Anstand abtreten kann, fällt in diesem Zusammenhang schon keinem mehr auf.

Tatsächlich erweisen sich beide Erscheinungen, die eschatologischen Realos des sterbenden Konservativismus und die postmodernistischen Selbstdarsteller unterschiedlichster politischer Couleur gleichermaßen als Dinosaurier eines untergehenden Zeitalters. Während die ersten jedoch immerhin begriffen haben, daß auf unsere Epoche der Oberflächlichkeit und des Obskurantismus kein einziger positiver emanzipatorischer Bezug mehr möglich ist, surft der sich geckenhaft spreizende und in die Fundamentalkrise mediengeil hineinplappernde Sozialisationstypus des Postmodernismus zeitgeist-konform und locker vom Hocker durch die Mimesis einer herunterästhetisierten Realpolitik. Freilich ohne dabei irgend etwas zu riskieren. Das wäre einerseits nicht cool, andererseits besteht ja gerade darin das große Geheimnis des durch die lebensästhetischen Hitparaden spukenden Oberflächenhedonismus: Sich ja auf nichts festlegen, am allerwenigsten auf sich selbst!

Ein zum bloßen Gestus verdünnisierter theoretisierender Snobismus erklärt sich in seiner lächerlichen Verfallsgestalt zur großen Zukunft. War die peinliche 89er Love-Parade-Generation schon unter aller Sau mit ihren unsagbar langweiligen sozialästhetischen Tabubrüchen, ihrem schalen Lifestyle-Getue und ihrer notorischen Verwechslung von postmodernistischem Indifferentismus mit daostischem Gleichmut, so besteht das Spezifikum des philosophierenden Postmodernismus à la Norbert Bolz und Genossen darin, alles, aber auch wirklich alles, in pures Design zu verwandeln: "Design stellt Sinn dar...Design verschafft und ist selbst Orientierung. Wer heute Kants Frage Was ist der Mensch? beantworten will, muß Design studieren" (Bolz: Die Sinnengesellschaft, Düsseldorf, 1997). Wer solche Aussagen bereits für die tiefsten Niederungen des Postmodernismus hält, sollte Johannes Goebels und Christoph Clermonts Bestseller "Die Tugend der Orientierungslosigkeit" (Reinbek, 1995) lesen. Hier kommt das Designer-Bewußtsein sich nämlich selbst auf die Schliche und verkündet, mit überdimensionaler Bedeutung aufgeladen, und ganz individualanarchistisch im Sinne des Stirnerschen "Mir geht nichts über mich", die Auflösung des elitären Lebens- und Politästhetizismus in eine alltagsbanale Massenerscheinung.

Angesichts dieser Ästhetisierung des gesellschaftlichen Elends, die noch dazu mit einer sanso-schäfchenweichen Kritiklosigkeit im schnoddrigen Talkshow-Stil daherkommt, trauert man geradezu dem ungeheuren bürgerlichen Illusionspotential der fünfziger und frühen sechziger Jahre nach. Tatsächlich hätten die heutzutage allen Ernstes geführten Debatten über die kommunikativen Möglichkeiten des Haarschnitts oder der Unterwäsche vor vierzig Jahren noch geradewegs in die Psychiatrie geführt. Inzwischen gehört es aber bereits zur Norm, daß elfjährige Schulbuben am Rande eines Nervenzusammenbruchs stehen, wenn ihre Eltern sie nicht mit den richtigen Markenklamotten ausstatten. Im Zeitalter der lebensästhetischen Zivilgesellschaft, das ein Zeitalter zu nennen eigentlich eine grobe Unverschämtheit bedeutet, gehören derartige Alltagsdetails nun mal zu den unvermeidlichen Requisiten selbstdarstellerischer Realinszenierungen. Auf dieser Basis von Beliebigkeit und Unverbindlichkeit gedeiht dann auch jene "Popularisierung psychiatrischer Denkweisen" (Christopher Lasch), die letztlich entweder alles im Zustand der ständigen Unsicherheit und Wechselhaftigkeit läßt oder aber auf die Ebene der Karikatur einer bewußten Realexistenz herunterzieht.

Was einstmals als Markenzeichen einer intellektuellen Boheme noch eine gewisse Originalität und Qualität besaß, wurde in den Händen der vom Individualisierungsschub der späten achtziger Jahre getragenen postmodernistischen Lebensästheten zum kruden Konstrukt einer brüchigen Selbstverwirklichungs-Attrappe. Dies ist das eigentlich Gespenstische an der infantil vor sich hin schäkernden falschen Unmittelbarkeit, die Adorno in den "Minima Moralia" in ihrer ganzen trostlosen Erbärmlichkeit demaskierte: "Welch einen Zustand muß das herrschende Bewußtsein erreicht haben, daß die dezidierte Proklamation von Verschwendungssucht und Champagnerfröhlichkeit, wie sie früher den Attachés in ungarischen Operetten vorbehalten war, mit tierischem Ernst zur Maxime richtigen Lebens erhoben wird?" Hinzuzufügen wäre, daß das Fragwürdige und Erbärmliche dieses Zustands nicht allein darin besteht, sich mit trivialen oder irrealen Dingen zu beschäftigen, sondern daß hier eine als letzter Schrei verkaufte organisierte Willenlosigkeit erreicht ist, die man nur noch als vor sich hinblubbernden Persönlichkeitsbrei bezeichnen kann.

Goebel/Clermont haben die lebensästhetischen Netties durchschaut: "Der Feind lauert nicht mehr in Moskau, sondern im gemeinsamen Bett...allein ein gemeinsamer Lebensmitteleinkauf läßt Welten kollidieren - vor dem Käseregal kommt es nicht selten zum beziehungstherapeutischen Showdown. Wenn schon die Wahl der Käsesorte selbst den Partner zum unberechenbaren Alien werden läßt, welche Fallen lauern dann noch im lebensästhetischen Miteinander?" Die ideologischen Animateure jenes Psycho-Horrors, in der Regel erstaunlich unintellektuelle Mitglieder einer medienkompetenten Informations- und Kulturarbeiterklasse, nutzen den Spielraum, den ihnen die Warengesellschaft bietet, um aus ihrer exhibitionistisch zur Schau gestellten Selbstinszenierung auch noch einen emanzipatorischen Ansatz zu destillieren. Der existiert jedoch nicht einmal in Spurenelementen, wie man beispielsweise in den Anzeigen mancher Stadtmagazine nachlesen kann: "Wir knipsen uns gegenseitig nackt - aber es ist kein Film drin!" Schöner kann das Modell des lebensästhetischen Beziehungsspektrums nicht auf den Punkt gebracht werden.

Freud hatte immerhin erkannt, daß die Kultur kein Ort der Freiheit ist, sondern den Sieg des Realitätsprinzips über die körperliche Lust markiert. Wo es jedoch ohnehin nicht mehr um sexuelle Handlungen, sondern nur noch um sexuelle Identitäten geht, kann die postmodernistische Realität von Individualität notwendigerweise nur eine fetischistische sein. Kontakt hat man per Handy, die elektronische Beziehung wird über E-Mails und Chat-Boxen gemanagt, die Katze fungiert als einziger Garant für Nähe und Wärme. Aber zum Glück ist ja die Welt voller potentieller Freunde, und selbst wenn die in Neuseeland oder Kanada sitzen, sind sie dem Lebensästheten dann doch näher sind als die leider etwas zu mollige Wohnungsnachbarin gleich nebenan.

Wenn jedoch an die Stelle des Gelebten seine Darstellung tritt, Krise und Leid, Schmach und Schande verleugnet werden, ist demgegenüber nichts als Kritik angebracht. Ob diese im konservativen Sinn kulturpessimistisch ist, und das Ende der "verfluchten Spaßgesellschaft" (Peter Scholl-Latour) fordert, oder im Sinn der französischen Situationisten der sechziger Jahre, Schmach und Leid wieder bewußt machen will, spielt dabei keine Rolle. Letztlich kommt es nur darauf an, den ideologischen Affirmateuren und Charaktermasken des Postmodernismus das gründlichste Anti-Aphrodisiacum, das sich denken läßt, zu verabreichen: eine Gesellschaftskritik, die mit der verlogenen Zuckergußvariante des positiven Systemdenkens endlich Schluß macht. Etwas anderes als radikale Kritik schulden gerade Konservative dieser Gesellschaft nicht!

 
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